Nachmittags erteiltest du den allgemeinen Forderungen der Kinderchen nach „Mal was anderes, weil bald Weihnachten ist!“ eine Abfuhr, indem du grimmig sagtest, du glaubtest nicht an Weihnachten.
Als Zugeständnis hast du den Satz „Zu Weihnachten bringt der Weihnachtsmann den Kindern schöne Geschenke.“ angeschrieben und in Subjekt, Prädikat und Objekte unterteilen lassen.
Wenn die Kinderchen in diesen Hauptschulkursen irgendwann ob deines nicht gerade ostfriesischen Äußeren misstrauisch werden und fragen, ob du „eigentlich Ausländer“ seist, kannst du erklären, mindestens einen in Ostfriesland geborenen Großvater zu haben und somit nach der hiesigen Abstammungslehre als Ostfriese zu gelten.
Wenn dir das aber zu langweilig ist, antwortest du – wie heute -, deine Urgroßmutter sei iranische Jüdin gewesen – wir wollen es ja nicht gleich übertreiben – und du stündest auf Platz 1089 der persischen Thronfolge. Das sorgt meistens für betäubte Ruhe. Nur manchmal geht halt wieder das BILD-gespeiste Gejammer los, wie „die Ausländer“ das Wunderwerk vollbringen, vom Staat „alles hinten reingeblasen“ zu kriegen, ausschließlich kriminell zu sein und „den Deutschen“ die Arbeitsplätze (im Milieu?) wegzunehmen.
Da sie von den Wundern der Grammatik und Rechtschreibung dann eh noch weniger mitkriegen als sonst, fangt ihr eben eine Diskussion an, zu deren Beginn es Deutsche und Ausländer zu unterscheiden gilt. Ist das Aussehen erstmal als Kriterium erwiesen, das auch den unblonden Bestien unter den Kinderchen einen Platz in Abschiebehaft einbrächte, kommt wieder der Geburtsort ins Spiel. Der taugt aber auch nicht zur zweckmäßigen Unterscheidung, weil die Murats, Igors und Alis, die die Kinderchen loswerden wollen, alle in Deutschland geboren sind.
So darfst du die deutsche Sprache als Kriterium vorschlagen: Wer in Deutsch nicht mindestens eine 4 schafft, kriegt vom Bundesgrenzschutz einen Flug gebucht. Leider ist die Stunde dann meistens schon fast vorbei und die schlagartige Motivation lässt sich nicht mehr nutzen. Aber da die Kinderchen beim nächsten Mal ohnehin wieder alles vergessen haben, was in der vorigen Stunde gesagt wurde, kannst du das Spiel ja solange wiederholen, bis die Diskussion irgendwann binnen fünf Minuten erledigt ist.
Dann ist auch Zeit für den schönen Witz, den Mehmet Kilic in KDD gerissen hat: „Was ist der Unterschied zwischen einem Türken und einem Ostdeutschen? – Der Türke spricht Deutsch und hat Arbeit.“